Seelisch stark in stürmischen Zeiten

Bildquelle: Pixabay/WenPhotos
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2025 ist zwar erst zwei Monate alt. Aber das, was gerade in Deutschland und in der Welt passiert, bietet genügend "Stoff" für ein ganzes Jahr. Und ist für viele Menschen bedrückend, lähmend, ermüdend, überfordernd. Auch für mich. 

 

Was mir hilft und ich mit diesem Blogbeitrag weitergeben möchte: Mich daran zu erinnern, was ich dennoch im Kleinen bewirken kann. Und gleichzeitig dafür zu sorgen, wie ich seelisch stark bleiben und gut für mich sorgen kann. Sprich: Meine eigene Resilienz-Fähigkeit bewahren und ausbauen.

 

Wichtige Voraussetzung: Uns selbst wohlwollend wahrnehmen 

 

Gerade in herausfordernden Zeiten neigen viele Menschen dazu, besonders streng mit sich selbst zu sein. Wir fühlen uns möglicherweise nicht produktiv oder informiert genug, nicht engagiert oder nicht belastbar genug. Dabei ist gerade jetzt ein wohlwollender Blick auf uns selbst so wichtig.

 

Sich selbst mitfühlend zu begegnen, bedeutet keineswegs, dass wir uns vor dem Weltgeschehen verschließen oder uns davor drücken, Verantwortung zu übernehmen. Ganz im Gegenteil: Wer sich selbst mit Nachsicht und Freundlichkeit begegnet, kann leichter innere Stabilität finden und Kraft für sinnvolle Handlungen aufbringen.

 

Bildquelle: Pixabay/silviarita
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Übung zur Selbstwahrnehmung

 

Eine kleine Übung wie du dich entspannt und zugleich wohlwollend wahrnehmen kannst: Setze dich einen Moment ruhig hin, lege eine Hand auf deinen Bauch und bleibe zunächst einige Atemzüge lang bei deiner bewussten Bauchatmung. Dadurch aktivierst du den Parasympathikus - den Teil deines vegetativen Nervensystems, der für Entspannung zuständig ist. Er verlangsamt den Herzschlag, fördert die Verdauung und hilft dabei, dass du dich erholen und neue Energie tanken kannst. Frage dich dann ehrlich: 

  • Wie geht es mir gerade wirklich?
  • Welche (unterschiedlichen) Gefühle nehme ich wahr?
  • Was würde ich jetzt einer guten Freundin oder einem guten Freund jetzt ans Herz legen?

Vom Umgang mit starken Gefühlen 

 

Es ist verständlich, wenn dich die Nachrichtenlage fassungslos oder wütend macht, dich innerlich lähmt oder sogar ängstigt. Das sind natürliche Stressreaktionen, die hier zum Vorschein kommen. Gerade auch Angst ist eine natürliche Reaktion in unsicheren Situationen. Und sie wächst, wenn wir uns auf Dinge konzentrieren, die wir nicht kontrollieren bzw. beeinflussen können. Also lass uns den Spieß umdrehen!

Bildquelle: eigene Workshop-Unterlagen
Bildquelle: eigene Workshop-Unterlagen

In meinen Resilienz-Workshops arbeite ich gerne mit dem "Circle of Influence"-Modell von Stephen R. Covey. Was es aussagt? Es gibt Dinge, die wir (komplett) in der Hand haben, es gibt Dinge, die wir beeinflussen können, und Dinge, die außerhalb unseres Kontrollbereichs liegen - die wir akzeptieren müssen so gut es geht. Auf den Punkt bringt es auch das "Gelassenheitsgebet" von Reinhold Niebuhr: „Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“

 

Übung zur Stärkung deiner Selbstwirksamkeit 

 

Und so kannst du das Modell für dich in diesen herausfordernden Zeiten anwenden: Zeichne drei Kreise analog zu dem dargestellten Modell auf ein Blatt Papier.

 

Schritt 1: Schreibe in den äußeren Kreis, was dich gerade belastet, sorgt, ängstigt, lähmt - worüber du jedoch erstmal keine Kontrolle hast (z.B. Kriege und Friedensverhandlungen, politische und gesellschaftliche Entwicklungen, wirtschaftliche Lage, Klimakrise etc.). Nimm wahr, wie es dir beim Auflisten dieser Dinge geht. Manchmal tut es auch schon unheimlich gut, sich alles von der Seele zu schreiben, was einen gerade bedrückt. Und all die damit verbundenen Gefühle anzuerkennen ist ein wichtiger Schritt.

 

Schritt 2: Schreibe in den mittleren Kreis, auf welche Entscheidung bzw. Veränderungen du ggf. Einfluss hast. Mit welchen Begebenheiten, Umständen, Menschen stehst du direkt in Kontakt, so dass du zumindest Anregungen geben oder als Vorbild wirken kannst? So könntest du dich z.B. entscheiden, dich demokratisch bzw. ehrenamtlich zu engagieren, indem du einer Initiative oder Partei beitrittst oder eine Organisation unterstützt. Du könntest auch klar deine Werte vertreten und Haltung zeigen, z.B. auf (friedlichen!) Demos, in sozialen Netzwerken oder im persönlichen Gespräch mit anderen und dadurch ebenfalls Zeichen in deinem Umfeld senden. 

 

Bildquelle: Pixabay/Fotorech
Bildquelle: Pixabay/Fotorech

Schritt 3: Wende dich dann dem inneren Kreis zu. Also den Dingen, die du direkt beeinflussen und dadurch eine Veränderung bewirken kannst. Vielleicht stellst du Überschneidungen zwischen dem mittleren und dem inneren Kreis fest. Das ist durchaus möglich und ok :-) Das Modell zielt ohnehin darauf ab, dir deiner Selbstwirksamkeit (wieder) bewusster zu werden. Und weil ich deinen Blick unbedingt auch für diesen inneren Kreis schärfen möchte, kommen hier noch acht Ansätze/Gedanken, was jede*r von uns aktuell bewirken kann:

  1. Worte und Sprache bewusst wählen: Worte haben Macht. Eine lösungsorientierte, wertschätzende Sprache kann das eigene Denken positiv beeinflussen. Tipp: Hierzu habe ich einen extra Beitrag mit den "7 Schlüsseln für ein wertschätzen(der)es Miteinander" - kleine kommunikative Stellschrauben, die viel bewirken!
  2. Informationsaufnahme steuern: Entscheide bewusst, wann, wie oft und welche Nachrichten du konsumierst, um Überforderung zu vermeiden. Tipp: Schau auch gelegentlich auf "GoodNews" vorbei, und den Fokus auch auf andere Meldungen auszurichten - die es ebenfalls gibt!
  3. Dankbarkeit kultivieren: Nimm ähnlich wie "GoodNews" jeden Tag bewusst wahr, was bei dir privat und beruflich gut läuft, was dich freut, für wen oder was du dankbar bist. Tipp: Empfehlenswert für eine tägliche Routine ist hier das 6Minuten-Tagebuch - das habe ich selbst während der Corona-Zeit getestet und für sehr hilfreich befunden :-)
  4. Ein "gesundes" Umfeld stärken: Suche insbesondere den Kontakt zu Menschen, die dir guttun. Und setze gleichzeitig bewusst Grenzen setzen, wenn du etwas nicht möchtest. Auch das ist Selbstwertschätzung. Tipp: Wie Neinsagen beziehungsschonend und ohne Schuldgefühle gelingt, habe ich in einem separaten Blogbeitrag zusammengefasst.
  5. Gezielte Pausen für mentale Regeneration einplanen: Atemübungen, Meditation (z.B. mit meiner kostenfreien App "Achtsam") oder bewusstes Abschalten helfen, deine Resilienz auf- und auszubauen. Tipp: Sammle in einer Liste sämtliche Dinge/Aktivitäten, die deiner Seele gut tun. Erstelle dazu am besten vier Spalten mit unterschiedlichen Zeitfenstern: d.h. bis 5 min (z.B. Lieblingssong mitsingen, -summen, -tanzen), bis 30 min (z.B. Spaziergang, Entspannungsbad), bis zu einem halben Tag (z.B. Buch lesen, Schwimmen) und bis zu einem Tag (z.B. Ausflug).
  6. Den Körper gut versorgen: Dieser Punkt knüpft direkt an den vorhergehenden an. Gesunde Ernährung sowie ausreichend Bewegung und Schlaf sind essenzielle Einflussfaktoren, die du großteils selbst steuern kannst. Tipp: Überlege für dich, wie du momentan in Bezug auf diese drei Säulen aufgestellt bist und schenke dort, wo ggf. noch etwas "Luft nach oben ist" deinem Körper im kommenden Monat mehr Aufmerksamkeit.
  7. Mitgefühl und Freundlichkeit im Alltag zeigen: Ein Lächeln, ein freundliches Wort oder ein unterstützendes Gespräch kann viel bewirken. Es braucht in der aktuellen Zeit mehr Wohlwollen und Brückenbauer denn je! Tipp: Lies hierzu auch unbedingt meinen Blogbeitrag "Manifest für ein friedlicheres Miteinander" - ein absolutes Herzensanliegen von mir!
  8. Belastende Gedanken loslassen: Übernimm deine Ängste nicht ungeprüft, sondern frage dich: „Ist das wirklich wahr? Hilft mir dieser Gedanke?“ Tipp: Schau dir hierzu auch mal den Ansatz "The Work" von Byron Katie an. Ich setze ihn gerne in meinen Coachings ein, um belastende Gedanken zu hinterfragen und dadurch zu entmachten. Im Folgenden habe ich auch einen Beitrag auf Instagram dazu verlinkt: 
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Ein Beitrag geteilt von Aline Schmid (@aline_schmid)

Welche Ideen/Ansätze möchtest du ausprobieren bzw. (noch) stärker integrieren? Oder was kannst du aus eigener Erfahrung empfehlen? Hinterlasse mir dazu gerne einen Kommentar.

 

Wir können nicht alle Probleme der Welt lösen, aber wir können einen Beitrag leisten. Indem wir uns selbst mit Wohlwollen begegnen, unseren Einflussbereich bewusst wahrnehmen und uns im Rahmen unserer Möglichkeiten engagieren, bleiben wir nicht nur innerlich stark, sondern können auch anderen Kraft geben. Denn oft beginnt Veränderung genau da: bei uns selbst.

 

Was mir abschließend noch wichtig ist zu betonen: Diese Impulse und Übungen sind lediglich Anregungen, wie du dich in herausfordernden Situationen innerlich stärken kannst. Es gibt nicht das "eine Patentrezept". Jeder Mensch ist unterschiedlich. Wenn du bemerkst, dass deine Ängste zunehmen, hol dir unbedingt psychologische bzw. therapeutische Unterstützung. Gerade auch hier wohlwollend und achtsam für sich einzustehen ist kein Zeichen von Schwäche - sondern von Stärke!

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